Neuplanung eines Quartiers

Datenanalyse

Die Datenanalyse erfasst in der Regel die Standortfaktoren und strukturellen Besonderheiten des Quartiers.

Bei der Bestandsaufnahme sollte ein besonderes Augenmerk auf folgenden Aspekten liegen:

Topografie des Geländes

Die Topografie des Geländes, auf dem das Quartier entstehen soll, ist im Rahmen der Maximierung solarer Erträge von entscheidender Bedeutung. Im Wesentlichen ist hierbei zu prüfen, in welcher Ebene sich das Quartier befindet und ob eine Hanglage vorliegt.

Abbildung 1‑1 Einfluss der Topografie des Quartiers auf die Verschattung von Gebäuden untereinander. Quelle: IfaS

Abbildung 1‑1 zeigt den Einfluss verschiedener Hanglagen auf die Verschattung bei unterschiedlichen Sonnenständen. Gebäude (und andere Verschattungsobjekte), die südlich vor anderen Gebäuden liegen, erhöhen – im Vergleich zur ebenen Fläche – den Verschattungsgrad eines dahinterliegenden Gebäudes im Falle eines Nordhanges. Im Falle eines Südhanges gilt das Gegenteil. Dieser Effekt erhöht sich mit abnehmendem Sonnenstand und ist zur Wintersonnenwende am größten, dementsprechend zur Sommersonnenwende am niedrigsten.

Daraus ergibt sich, dass bei einem Nordhang der passive Eintrag der Solarenergie im Winter nicht gegeben ist und somit dem Gebäude externe Energie zugeführt werden muss.

Umliegende Gebäudestruktur

Gerade in urbanen Quartieren ist es nötig, die umliegenden Gebäudestrukturen zu prüfen, um mögliche Verschattungsobjekte zu identifizieren und in der Planung zu berücksichtigen. Besonders umliegende Hochpunkte (bspw. Hochhäuser) (vgl. Abbildung 1-1), aber auch große bauliche Strukturen (bspw. Stadien, Fabriken) sollten dabei erfasst und deren Verschattungspotenzial überprüft werden.

Umliegende Topografie und Gebäudestruktur

Neben der Topografie des zu bebauenden Gebietes ist es außerdem erforderlich, die Topografie und Gebäudestruktur des umliegenden Geländes zu prüfen. Besonders in Mittel- oder Hochgebirgslagen können umliegende Anhöhen in Verbindung mit tiefen Sonnenständen (kalte Jahreszeiten; morgens und abends) den möglichen Solarertrag mindern. Angrenzende Quartiere sind auf Hochpunkte zu prüfen, von denen ein Schattenwurf bis in das zu planende Quartier ausgehen könnte.

Vegetation

Weiterhin spielen die Vegetation und die Bepflanzung im und um das Quartier eine wichtige Rolle (insbesondere bei größeren Bäumen mit Bestandsschutz). Bei den verschiedenen Baumtypen ist auf die arttypischen Zeitpunkte des Blattabwurfs und -austriebes, die Dichte des Geästs und des Laubwerks, sowie die maximal erreichbare Höhe zu achten. Laubbäume bspw. werfen in den Wintermonaten ihr Laub ab, wodurch Sonnenlicht durch das Geäst dringen kann. Anders verhält es ich mit Nadelbäumen, die ganzjährig tragen. Speziell die Südfassaden von Gebäuden sollten frei von hochwachsender Vegetation sein. Darüber hinaus sollten vorhandene Biotope erhalten bleiben, um die Biodiversität im Quartier zu erhalten.

Städtebaulicher Entwurf

Ziel einer solaren Bauleitplanung ist das Erreichen einer auf solare Gewinne ausgerichteten Baukörperstruktur und -gestaltung, unter Berücksichtigung aktiver und passiver Solarenergienutzung. Die Weichen hierfür werden im städtebaulichen Entwurf gestellt. Wesentliche Aspekte sind in diesem Zusammenhang die Vermeidung von Verschattung durch baufeld- und gebäudespezifische Gegebenheiten, sowie die Gliederung und Ausrichtung der Baukörper.

Anordnung und Ausrichtung der Baukörper

Die Ausrichtung und Anordnung der Baukörper, im Hinblick auf den Tagesverlauf der Sonne, spielt eine entscheidende Rolle bei der optimalen Ausnutzung der Solarenergie und damit der Maximierung solarer Erträge.

Im städtebaulichen Neubau sollte daher darauf geachtet werden, die Gebäude, bzw. deren größere Fassadenflächen, tendenziell nach Süden auszurichten. Ausrichtungen können dabei durchaus auch von Südost bis Südwest reichen. In Verbindung mit einer ausreichenden Fassadenöffnung können somit passive Solarerträge maximiert werden (siehe Abschnitt e) Struktur und Öffnungsgrad der Fassaden). Des Weiteren eignen sich nach Süden ausgerichtete Fassaden zur aktiven Solarenergienutzung durch PV. Im Kontext eines gesamten Quartiers würde sich die Gebäudeanordnung in Zeilen eignen, welche entsprechend der oben beschriebenen Ausrichtung angeordnet sein sollten.

Aber auch in Ost- oder West-Richtung angeordnete Baukörper können im Hinblick auf passive Solarenergienutzung ausreichend Sonnenlicht erhalten. Während bei einer Südorientierung die hohe Intensität in den Mittagsstunden den Hauptertrag bringt, werden Ost- und Westflächen über den gesamten Tagesverlauf besonnt, was die geringere Intensität ausgleichen kann. Abbildung 1‑2 stellt eine mögliche Zeilenanordnung der Gebäude im Quartier dar. Die einzelnen Gebäudezeilen sind jeweils durch Verkehrsachsen getrennt. Unter Einhaltung entsprechender Gebäudeabstände in Nord-Süd-Richtung (vgl. Abschnitt b) Abstand der Baukörper) werden hohe passive und aktive solare Erträge an den Fassaden ermöglicht.

Abbildung 1‑2 Passive und aktive Solarerträge an den Gebäudefassaden, Quelle: Eigene Darstellung

Abstand der Baukörper

Ein entscheidendes Kriterium für die Maximierung solarer Erträge ist die Reduzierung der Verschattung der solar nutzbaren Gebäudeflächen. Um die Verschattung der Gebäude untereinander zu reduzieren, gilt es, gewisse Gebäudeabstände einzuhalten.

Als Kennzahl zur Vermeidung der Verschattung dient hierbei das Verhältnis zwischen Gebäudehöhe des schattenwerfenden Gebäudes (H) und dem Abstand zur solar genutzten (Fassaden-)Fläche (A). Das A/H-Verhältnis sollte bei ca. 2,5 liegen.[1] Das bedeutet, die solar genutzte Fläche sollte im 2,5-fachen Abstand zur Höhe des schattenwerfenden Gebäudes liegen. Die Gebäudeabstände müssen u.U. je nach Topographie des Geländes angepasst werden.

Abbildung 1‑3 zeigt hierzu Gebäudekonstellationen, die ein A/H-Verhältnis von 2,5 aufweisen – bei unterschiedlichen Hanglagen und der Sonneinstrahlung zur Wintersonnenwende (tiefster Sonnenstand im Jahresverlauf). Die Gebäude haben die gleichen Maße und sind in Nord-Süd-Richtung angeordnet. Liegen die Gebäude auf einer flachen Ebene, wird ca. 50 % der Fassade des zurückstehenden Gebäudes verschattet. Liegt eine Nordhanglage vor, erhöht sich dieser Anteil; bei einer Südhanglage verringert sich dieser. Das A/H-Verhältnis sollte dementsprechend angepasst werden sowie um die aus der Hanglage resultierende Höhendifferenz erhöht (Nordhang) oder vermindert (Südhang) werden.

Abbildung 1‑3 Auswirkungen eines A/H-Verhältnisses von 2,5 bei unterschiedlichen Geländeneigungen.

Dimensionierung der Baukörper

Die Abmessungen von Gebäuden spielen einen entscheidenden Faktor. So sollte die tendenziell nach Süden ausgerichtete Fassade die Abmessungen der West- und Ostseite übersteigen. Dadurch steht der sonnenzugewandten Seite eine höhere Fläche zur Verfügung, wodurch die passiven solaren Erträge erhöht werden. Bei freistehenden Gebäuden sollte das Längenverhältnis von Süd- zu Westseite ca. 3:2 bis 2:1 betragen. Das Verhältnis von wärmeübertragenden Außenflächen zu beheizten Innenvolumen (AV-Verhältnis) sollte möglichst gering sein (z. B. Bürokomplexe, Mischgebäude), da Wärme über die Außenflächen verloren geht. Je größer dabei das Verhältnis ist, desto größer sind die Transmissionswärmeverluste und desto größer der Bedarf an Wärmeenergie. Räume mit geringerem Wärmebedarf (z. B. Serverräume, Werkstätten) sollten zur Nordseite – Räume mit höherem Wärmebedarf (z. B. Wohnräume, Büros) zur Südseite ausgerichtet werden.

Dachstruktur

Photovoltaik- und Solarthermieanlagen profitieren von bestimmten Dachformen und Neigungen. Die angestrebten Ausrichtungen und Neigungen der jeweiligen Anlagen sind dem Abschnitt Photovoltaik zu entnehmen.

Abbildung 1‑4 Gängige Dachformen die für die Aufnahme von Solaranlagen geeignet sind. Quelle: Eigene Darstellung.

Schrägdächer bieten gute Voraussetzungen zur Installation von Solaranlagen, da sie keine weiteren Aufständerungen benötigen, um einen ertragsreichen Neigungswinkel der Photovoltaik Modulen oder solarthermischen Kollektoren zu erreichen.

Zu unterscheiden ist hier vor allem das Sattel- und das Pultdach. Satteldächer besitzen zwei sich gegenüberliegende, schräg abfallende Dachflächen. Hierbei kann eine Südausrichtung angestrebt werden, wodurch jedoch die sonnenabgewandte Dachseite zur Installation von Solaranlagen in der Regel entfällt. Bei der Installation von Photovoltaikanlagen bietet sich die Alternative einer Ost-West-Ausrichtung der Dachflächen. Zu Lasten der Erträge der einzelnen Module und damit der Anlageneffizienz kann durch Ausnutzung des gesamten Daches trotzdem eine höhere Leistung, und somit ein höherer Gesamtertrag erzielt werden.

Einen Spezialfall bieten die Pultdächer. Diese können in ihrer Gänze tendenziell nach Süden ausgerichtet werden und bieten eine hohe nutzbare Dachfläche für Solaranlagen im Verhältnis zur Gebäudegrundfläche, sofern gleiche Neigungen voraussetzt werden (notwendige Abstände der Solaranlagen zum Giebel entfallen, vgl. Abbildung 5.4).

Eine ebenfalls gängige Dachform stellt das Flachdach dar. Solarmodule werden hier in der Regel aufgeständert platziert und können so frei in Ausrichtung und Neigung variiert werden. Um die Solaranlagen möglichst effizient zu nutzen, werden diese aufgeständert und nach Süden ausgerichtet montiert (Optimale Aufständerungs- und Ausrichtungswinkel für Photovoltaik und Solarthermie). Um eine gegenseitige Verschattung der Module zu verhindern, ist auf einen ausreichenden Modulreihenabstand zu achten. Soll hingegen ein möglichst hoher Ertrag erzielt werden, werden die Modulreihen abwechselnd in Ost- und West-Ausrichtung aufgeständert. Dies ermöglicht eine höhere Moduldichte und trotz niedrigerer Effizienz einen höheren Ertrag, da die Gesamtleistung deutlich höher ist. Auch hier lassen Solarthermieanlagen einen solchen Spielraum nur bedingt zu. Abbildung 1‑5 zeigt beispielhaft den Vergleich einer nach Süden aufgeständerten und einer Ost-West-Richtung aufgeständerten Anlage auf einem Flachdach. Eine höhere Moduldichte führt trotz eines geringeren spez. Ertrages zu weitaus höheren jährlichen Erträgen.

Abbildung 1‑5 Beispielhafter Vergleich zweier Aufständerungsvarianten mit einer Neigung von jeweils 15° auf einem Flachdach mit einer Fläche von 100 m² (Jahressumme der Globalstrahlung: 1.030 kWh/m²). Quelle: Eigene Darstellung.

Neben der Ausrichtung und Neigung einer Dachfläche bzw. einer Aufständerung sollten außerdem Dachaufbauten bei der Planung von Dächern für die Aufnahme von Solaranlagen Beachtung finden. Um die Flächen gänzlich zu nutzen, sollten Dachaufbauten generell vermieden werden (z. B: Klimageräte, Dachzugänge mit Tür). Bei der Ausführung und Platzierung von erforderlichen Dachaufbauten sollte darauf geachtet werden, dass die Aufbauten keine Verschattung auf der Modul- oder Kollektorfläche verursachen. Flach ausgeführte Aufbauten, als auch die Platzierung auf der Nordseite oder dem nördlichen Ende des Daches, sind hierbei zielführend.

Struktur und Öffnungsgrad der Fassaden

Wie im Abschnitt Fensterflächenverteilung erläutert, sollte eine tendenziell nach Süden ausgerichtete Fassade mit möglichst viel Fensterfläche belegt werden, um passive solare Einträge zu erzielen. Dies ermöglicht einen hohen Anteil an solarer Wärmenutzung, da kurzwelliges Licht gut durch Fensterscheiben dringen und den dahinterliegenden Raum erwärmen kann. Im Westen und Osten sollte die Fensterfläche dagegen gering und im Norden am geringsten ausfallen. Dabei sollte zwischen den Fensterreihen genügend Abstand eingehalten werden, um die Installation von Solaranlagen zu ermöglichen. Öffnungsgrade von 30 bis 60 %, wie sie auch im Pfaff-Quartier vorgeschrieben sind, sind dabei zielführend.

Alternativen zu direkt auf Fassaden montierten Solarmodulen werden in den Abschnitten Bauwerksintegrierte Photovoltaik und Semitransparent verglaste Arkaden erläutert. Vor- und Rücksprünge in Fassaden, Balkone o.ä. sollten an Fassaden, an denen Solaranlagen installiert werden könnten, möglichst unterbunden werden, da diese die Nutzungsflächen einschränken, oder zu Verschattungen der Module führen. Auf tendenziell nach Norden ausgerichteten Flächen ist aus Sicht der Solarenergienutzung keine Einschränkung nötig.

Planung / Vorgabe für Vegetation und Begrünungen

Die Planung der Bepflanzung soll unter den Gesichtspunkten einer minimalen Verschattung von Solaranlagen in Bezug auf Wuchshöhe und Schattenwurf erfolgen. Durch die Wahl geeigneter Gehölze kann auf maximal zu erwartende Wuchshöhen und (jahreszeitlichen) Schattenwurf Einfluss genommen werden. Laubbäume mit Blattwurf in den kalten Jahreszeiten sind Nadelbäumen mit einem ganzjährigen lichtundurchlässigen Bewuchs aus Sicht der Verschattungsvermeidung generell vorzuziehen. Für Bäume mit großen Wuchshöhen ist analog das zuvor erwähnte A/H-Verhältnis anzuwenden.

[1] Vgl. Lintner et al. 2010, S. 30.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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