Planung von Photovoltaikanlagen

Im folgenden Abschnitt wird der Planungsprozess von Dach- und Fassadenanlagen betrachtet. Die Auslegung von Photovoltaikanlagen kann verschiedene Ziele verfolgen. Anlagen können bspw. auf hohe Eigenverbrauchsquoten oder hohe Autarkiegrade ausgelegt sein.

Gemäß dem Titel des Leitfadens wird der Fokus im folgenden Abschnitt auf einer Maximierung der solaren Erträge liegen.

Wie in der Einleitung erläutert, gilt die Solarenergie in einem urbanen Quartier als entscheidender Vertreter der Erneuerbaren Energien und stellt damit ein wichtiges Instrument einer klimaneutralen Energieversorgung dar. Daher sollte vor diesem Kontext das gesamte Potenzial aktiver Solarenergie ausgenutzt werden. Die für die Photovoltaik zur Verfügung stehenden Flächen werden im Abschnitt „Installationsorte“ näher beschrieben. In welcher Art und Weise Photovoltaikmodule ausgerichtet werden sollten, um optimale Erträge zu erzielen, wird im Abschnitt „Photovoltaik“ erläutert. Auf diese Aspekte wird im Folgenden nicht detailliert eingegangen.

Auszug aus der Vorhabensbeschreibung des Projekts EnStadt:Pfaff bezüglich der Maximierung solarer Erträge:

Gemäß dem für die Entwicklung des Pfaff-Quartiers erstellten Leitbild, entwickelt die Stadt Kaiserslautern ein modernes Mischquartier für Arbeiten und Wohnen. Geplant ist u. a. eine möglichst klimaneutrale Energieversorgung des Quartiers. Dieses Ziel steht in engem Zusammenhang mit der für die gesamte Stadt angestrebten Klimaschutzziele bis zum Jahr 2050. Aus diesem Grund soll ein möglichst hoher Autarkiegrad bei der Planung der Solaranlagen angestrebt werden. Das hat zur Folge, dass eine Maximierung der solaren Erträge im Vordergrund steht.

Ausgangssituation

Um die Photovoltaikanlagen zuverlässig auslegen zu können, gilt es auf Grundlage der vorliegenden Planungsunterlagen die Belegung der einzelnen Dach- und Fassadenflächen zu planen. Weitere Hilfsmittel können 3D-Modelle des entsprechenden Quartiers und die damit verbundene Verwendung einer Simulationssoftware sein.

Generell gilt im Rahmen der Planung, dass Flachdächer in der Regel mit aufgeständerten Photovoltaikanlagen und alle Sattel- oder Pultdächer mit dachparallelen Solaranlagen belegt werden sollten. Ebenso sollten tendenziell nach Süden ausgerichteten Fassaden (also auch Fassaden in Richtung Südwesten oder Südosten) mit Photovoltaikmodulen belegt werden.

Dachanlagen

Im Rahmen des Projektes EnStadt:Pfaff sind verschiedene Varianten mit jeweils unterschiedlichen Aufständerungskonfigurationen auf deren Ertragsdaten untersucht worden. Anhand dieser soll erläutert werden, wie eine Maximierung solarer Erträge unter verschiedenen Bedingungen realisiert werden kann. Die im Folgenden aufgezeigten Aufständerungsvarianten beziehen sich allerdings ausschließlich auf Flachdächer, da Schrägdächer in der Regel gute Voraussetzungen zur Installation von Solaranlagen bieten. Letztere benötigen in der Regel keine weiteren Aufständerungen, um einen ertragsreichen Neigungswinkel der Photovoltaik-Module zu erreichen (vgl. Installationsorte – Dachformen).

Die Varianten für Flachdächer lassen sich wie folgt beschreiben:

  • „Maximale Nutzung“: Belegung der Dachflächen ohne Restriktionen. Das heißt, die Dächer dienen in dieser Variante ausschließlich der Errichtung von Photovoltaikanlagen.
  • „Gründach“: In dieser Variante wird davon ausgegangen, dass die Dächer extensiv begrünt werden. Dieser Umstand wirkt sich auf die Art der Aufständerung und die Reihenabstände aus.
  • „Gründach und Staffelgeschosse“: Neben der extensiven Begrünung der Dachflächen werden die obersten Geschosse einiger für die Wohnnutzung geeigneter Gebäude weiterhin als Staffelgeschosse ausgeführt. Das bedeutet, dass das oberste Geschoss teilweise mit Rücksprüngen ausgestattet wird um für Bewohner begehbare Terrassen zu ermöglichen.

Die Varianten werden anhand der im Pfaff-Quartier ermittelten Daten verglichen, um einen Einblick darüber zu gewähren, inwiefern sich diese baulichen Veränderungen auf die Gesamterträge auswirken können.

In jeder Variante wird darüber hinaus geprüft, wie sich die Ertragsdaten mit unterschiedlichen Aufständerungskonfigurationen auf Flachdächern verändern, um somit die optimale Ausrichtung, Anordnung und Neigung der Module zu ermitteln.

Die simulierten Aufständerungsvarianten entsprechen einem in der Praxis gängigem Aufbau. Bezüglich der Ausrichtung sind eine strikte Südausrichtung (S), sowie eine dachkantenparallele Südwest-Nordost-Ausrichtung (SW-NO) simuliert worden (Schematische Darstellung einer Süd-Ausrichtung und einer Ost-West-Ausrichtung: Abbildung 1‑1). Die Neigungswinkel sind zwischen 10° und 30° variiert worden. Außerdem werden die Module in stehender oder liegender Anordnung simuliert. Ab Variante b) „Gründach“ entsprechen die Aufständerungskonfigurationen den auf dem Markt etablierten Gründach-PV-Systemen. Außerdem steigt der erforderliche Randabstand von 1,2 m auf 2,0 m, um die Installation einer für die Pflege der Dachbegrünung notwendigen Absturzsicherung zu ermöglichen (sofern baulich nicht gegeben).

Abbildung 1‑1 Flachdächer mit verschiedenen Ausrichtungsvarianten. Links: Strikte Südausrichtung der Module. Rechts: Dachkantenparallele Ost-West-Ausrichtung. (Quelle: Eigene Darstellung, PV*SOL)

Variante a) „Maximale Nutzung“

In dieser Variante wird von einer ausschließlichen Nutzung der Dachfläche durch Photovoltaikanlagen ausgegangen.

Für Pult- und Satteldächer gilt in der Regel die tendenziell nach Süden ausgerichteten Dachflächen dachflächenparallel mit Modulen zu belegen. Im Rahmen des Projektes EnStadt:Pfaff sind folgende Anlagenvarianten verglichen worden. Aus ihnen lassen sich im Anschluss allgemeine Empfehlungen ableiten.

Maximale Nutzung, strikt südausgerichtet

Abbildung 1‑2 Variante 1 b): Südausgerichtete aufgeständerte Photovoltaikanlage auf Baufeld 3.

  • Leistung: 3.595 kWp
  • Jährlicher Ertrag: 3,6 Mio. kWh
  • Jahresertrag: 1.006 kWh/kWp

Bei der strikten Südausrichtung sind die Module 15° geneigt und liegend aufgeständert. Die Randabstände betragen 1,2m, die Modulreihenabstände betragen 0,825 m. Der erhöhte Modulreihenabstand ist nötig, um eine gegenseitige Verschattung der Module auch bei tiefstehender Sonne zu vermeiden. Die Leistungs- und Ertragsdaten bilden das Gesamtergebnis der im Pfaff-Areal simulierten Dachanlagen.

Maximale Nutzung, Ost-West-Ausgerichtet, dachkantenparallel

Abildung 1‑3 Variante 1 a): Dachkantenparallel aufgeständerte Photovoltaikanlage auf Baufeld 3.

  • Leistung: 6.050 kWp
  • Jährlicher Ertrag: 5,6 Mio. kWh
  • Jahresertrag: 925 kWh/kWp[1]

Im Fall der SW-NO-Ausrichtung sind stehend aufgeständerte Module gemäß Abbildung 2‑1 simuliert worden. Der Neigungswinkel beträgt 10°, die Randabstände 1,2 m und er Abstand zwischen den Modulreihen 0,2 m. Die Leistungs- und Ertragsdaten bilden das Gesamtergebnis der im Pfaff-Areal simulierten Dachanlagen.

Variante a): Zwischenergebnis und Empfehlungen

Die Aufständerung der Module dachkantenparallel in SW-NO-Richtung ermöglicht durch die engere Belegung eine höhere Moduldichte. Dadurch kann eine um 41 % höhere PV-Leistung installiert werden. Trotz des niedrigeren spezifischen Ertrags, kann dadurch ein um 2 Mio. kWh höherer Ertrag – und somit ein Gesamtertrag von 5,6 Mio. kWh – erzielt werden.

Im Ergebnis zeigt sich, dass die dachkantenparallele SW-NO-Ausrichtung gegenüber der strikten Süd‑Ausrichtung, trotz niedrigerem spez. Ertrag, einen deutlich höheren Gesamtertrag erzielt. Dies resultiert aus einer besseren Moduldichte bzw. einer signifikant höheren Leistung der PV-Anlage.

Daraus lassen sich folgende Empfehlungen ableiten:

  • Aufgeständerte Anlagen auf Flachdächern sollten als Ost-West-Aufständerung dachkantenparallel angebracht werden. Bei Ausrichtungen zwischen 60° und 290° und Aufständerungswinkeln von 0° – 20°[2] fallen Ertragseinbußen von <25 % an. Die ideale Ausrichtung einer solchen Anlage beträgt 90° Ost – 270° West.
  • Auf südausgerichteten Dachflächen sollten die Module dachflächenparallel (vgl. Abbildung 1‑4) angebracht werden. Die Dachflächen können dabei Neigungswinkel von 10° – 50°, sowie Ausrichtungen zwischen 130° und 220° aufweisen, ohne dass jährliche Ertragseinbußen[3] >10 % in Kauf genommen werden müssen. Die ideale Ausrichtung beträgt 185° Süd mit einer Neigung von ca. 35°.

Abbildung 1‑4 Beispiel einer dachflächenparallelen Dachbelegung eines Satteldaches. (Grafik: IfaS)

  • Bei nach Osten oder Westen geneigten Dachflächen sollten die Module ebenso dachflächenparallel installiert werden. Bei Ausrichtungen von 60° – 290° mit Neigungswinkeln zwischen 0° und 30° entstehen maximale jährliche Ertragseinbußen von 30 %. Die ideale Ausrichtung einer solchen Anlage beträgt 90° Ost – 270° West.

Die beiden letzten Montagevarianten, bei denen – wegen suboptimaler Ausrichtung –  mit bis zu 30 % Ertragseinbußen zu rechnen ist, können in der Regel wegen höherer Moduldichte und damit höherer Generatorleistung einen höheren Gesamtertrag erzielen – trotz geringerer Effizienz.

Variante b) „Gründach“

Auf Basis des im Rahmen von EnStadt:Pfaff veröffentlichten Gestaltungshandbuchs gründet die Vorgabe auf allen verfügbaren Flachdächern sog. Retentionsflächen bzw. Gründächer zu schaffen.

Zur Installation von Photovoltaikanlagen auf Gründächern sind verschiedene Varianten auf dem Markt. Im folgenden Abschnitt soll daher ermittelt werden, welche Photovoltaik-Gründach-Variante maximale Erträge liefert.

Die auf dem Markt verfügbaren Systemlösungen von Photovoltaik-Gründächern unterscheiden sich von herkömmlichen Photovoltaik-Aufständerungen vor allem durch größere Abstände zwischen den Modulreihen, wodurch Wartungswege für die fortlaufend notwendige Grünpflege geschaffen werden. Außerdem ist eine Absturzsicherung in Form eines Kollektivschutzes[4] oder eines Anschlagsystems[5] nötig. In der vorliegenden Betrachtung wird eine Absturzsicherung angenommen, bei der ein erhöhter Randabstand von 2 m üblich ist.

Insgesamt sind sechs verschiedene Anlagenkonfigurationen untersucht worden. Die Abbildung 2‑5 zeigt die Ergebnisse anhand der Moduldichte und des Photovoltaik-Ertrages.

Abildung 1‑5 Vergleich der verschiedenen Aufständerungsvarianten der Photovoltaik-Retentionsdächer  auf einer Dachfläche von 1.650 m².

Aus dieser Untersuchung heraus zeigt sich, dass die in Abbildung 1‑5 markierte Variante die höchste Moduldichte und den höchsten Ertrag liefert. Der Grund dafür liegt im – relativ zu den anderen betrachteten Varianten – besten Verhältnis von Modulflächen und Wartungswegen.

Abbildung 1‑6 Vergleich zweier Aufständerungsvarianten  mit den beim Gründach notwendigen Reihenabständen. Links: Liegende Aufständerung
Rechts: Stehende Aufständerung

Abbildung 1‑6 zeigt exemplarisch den Unterschied zwischen einer liegenden und stehenden Aufständerung. Die Wartungswege verlaufen zwischen den Modulreihen wie abgebildet, mit einem größeren Abstand von 0,81 m zwischen den Moduloberkanten, um die Gründachpflege unterhalb der Module zu erleichtern. Zwischen den Unterkanten der Module beträgt der Abstand nur 0,5 m. Zwischen den Modulen befindet sich ein Kiesstreifen, der einen besseren Wasserabfluss ermöglichen soll.[6] Durch die liegende Aufständerung (vgl. Abbildung 1‑6, links) erhöht sich das Verhältnis von Wartungswegen zur Modulfläche.

Abildung 1‑7 Dachkantenparallel , stehend aufgeständerte Photovoltaikanlage mit auf Gründächer ausgelegten Modulreihen- und Randabständen auf Baufeld 3.

Daten der Systemlösung Gründach, SW-NO-Ausrichtung, Neigung 15° stehend aufgeständert:

  • Leistung: 4.242 kWp (- 30 %)
  • Jährlicher Ertrag: 3,9 Mio. kWh (- 30 %)
  • Jahresertrag: 912 kWh/kWp (-1 %)

Variante b): Zwischenergebnis und Empfehlungen

Die Ertragseinbußen, die sich im Pfaff-Quartier durch die Vorgabe der Gründächer laut Simulation ergeben, belaufen sich auf ca. 30 %, gemessen an der Variante „Maximale Nutzung“, was direkt mit der verringerten installierten Leistung aufgrund der höheren Reihenabstände korrespondiert. Die Aufständerung sollte bei Photovoltaikanlagen auf Gründächern stehend ausgeführt werden, um eine höhere Moduldichte aufgrund eines besseren Verhältnisses zwischen Wartungswegen und Modulflächen zu gewährleisten.

Dachanlagen: Variante c) „Gründach & Staffelgeschoss“

Neben der Vorgabe, alle Flachdächer als Retentionsflächen/Gründächer zu gestalten, wurden von den Stadtplanern für ausgewählte Gebäude im Pfaff-Quartier die Möglichkeit eröffnet, das oberste Geschoss als Staffelgeschoss auszuführen, was zur Verringerung der für die aktive Solarenergienutzung zur Verfügung stehenden Flächen führt.

Abbildung 1‑8 Pfaff-Quartier: Mit Staffelgeschossen simulierte Gebäude sind rot umrandet. (Quelle: Gestaltungshandbuch  PFAFF, ASTOC/MESS)

Abbildung 1‑8 zeigt das Pfaff-Quartier mit den für Staffelgeschosse zugelassenen Gebäuden. Rücksprünge der obersten Geschosse sollten maximal 2/3 der Fassadenlänge ausmachen. Drei Gebäude(-komplexe) sind im Pfaff-Quartier als Staffelgeschosse geplant worden.

Abbildung 1‑9 Variante c): Dachkantenparallel aufgeständerte Photovoltaikanlage mit auf Gründächer ausgelegten Modulreihen- und Randabständen, sowie der Berücksichtigung der Staffelgeschosse auf simulierten Gebäuden im Pfaff-Quartier (Quelle: IfaS)

Durch die Etablierung der Staffelgeschosse verringert sich die für die Solaranlagen nutzbare Dachfläche. Somit verringern sich die maximale Leistung und der jährliche Ertrag. Der spezifische Ertrag bleibt weitestgehend unverändert.

Daten der Systemlösung Variante c) Gründach & Staffelgeschoss, SW-NO-Ausrichtung, Neigung 15° stehend aufgeständert:

  • Leistung: 3.983 kWp (- 6 %)
  • Jährlicher Ertrag: 3,6 Mio. kWh (- 6 %)[7]
  • Jahresertrag: 910 kWh/kWp (- 0 %)

Variante c): Zwischenergebnis und Empfehlungen

Die Ertragseinbußen die sich im gesamten Pfaff-Quartier durch die Vorgabe der Staffelgeschosse laut Simulation ergeben, belaufen sich auf ca. 6 %, gemessen an der Variante „Gründach“, was direkt mit der verringerten installierten Leistung aufgrund der reduzierten Dachflächen korrespondiert. Auf den betroffenen Gebäuden hat sich Leistung und Ertrag jedoch um über 40 %, verringert. Die Reduzierung der für Photovoltaikanlagen nutzbaren Flächen durch Staffelgeschosse o.ä. wirkt sich demnach erheblich auf die mögliche installierbare Leistung aus. Staffelgeschosse sollten aus Sicht der Maximierung solarer Erträge daher nicht gebaut bzw. – wie im Projekt EnStadt:Pfaff – sparsam eingesetzt werden.

 

[1] Der Spezifische Jahresertrag wird als gewichteter Durchschnitt aller Dachanlagen betrachtet.

[2] Bei geringen Neigungswinkeln ist mit einer verminderten Selbstreinigung der Module durch Niederschlag und demnach mit einem erhöhten Reinigungsaufwand zu rechnen (Tomislav Pavlovic, 2020). Daher sollten kleine Neigungswinkel generell vermieden werden.

[3] Ertragseinbußen werden ausgehend von einer optimal ausgerichteten Anlage angegeben. Die optimale Inklination von Photovoltaik-Anlagen liegt bei einer Neigung von 35° und einer Ausrichtung von 185° Süd.

[4] Absturzsicherung in Form einer Attika oder eines Geländers als Kollektivschutz gemäß DIN EN 13374

[5] Absturzsicherung durch ein Anschlagsystem gemäß DIN EN 795.

[6] (Optigrün international AG, 2017)

[7] Rundungsfehler sind in diesem Fall berücksichtigt worden.

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