Planungsparameter Photovoltaik

Ausrichtung und Neigung

Im Zuge der aktiven Solarenergienutzung mittels Photovoltaikanlagen wird versucht die vorhandenen Dachflächen, Fassadenflächen und den öffentlichen Raum optimal zu nutzen. Hierzu werden technische Systeme eingesetzt, welche die solare Energie in elektrische oder thermische Energie umwandeln. Die Ausrichtung des Gebäudes und damit der Module, kann in Südrichtung oder in Ost-West-Ausrichtung erfolgen. Die Ausrichtung der Anlagen hat Einfluss auf den maximal möglichen Ertrag und die Verteilung der Energiegewinnung im Tagesverlauf. (vgl. Abbildung 1-1).

Abbildung 1-1 Ausrichtung einer PV-Anlage

mit Vergleich von reiner Ost-, West- und Südausrichtung sowie von 50 % Ost- und 50 % Westausrichtung, Quelle: (Dickmann 2020)

Abbildung 1-2 Schematische Darstellung des Neigungs- und Ausrichtungswinkel bei solaren Technologien

. Quelle: Eigene Darstellung nach (Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie 2013, S. 11)

 

Bei der Auslegung und Planung von Solaranlagen sind die Ausrichtung und die Neigung die entscheidenden Stellwinkel. Unter Neigung versteht man den Winkel von Solarmodul zur ebenen Fläche. Die Ausrichtung entspricht dem Winkel, der den entsprechenden Himmelsrichtungen zugeordnet ist (vgl. Abbildung 1-2).

Da die Sonne im Süden ihren Zenit erreicht und somit orthogonal zur Erdoberfläche steht, ist dies der optimale Winkel für Solarmodule, um einen maximalen Ausnutzungsgrad der Solarenergie zu erzielen.[1] Die optimale Inklination von Photovoltaik-Anlagen liegt bei einer Neigung von 35° und einer Ausrichtung von 185° Süd.[2] Abweichungen von bis zu 70° von der Südausrichtung, und bis zu 20° in der Neigung führen zu kaum oder nur zu geringen Einbußen (vgl. Abbildung 1-3).

Abbildung 1-3 Prozentanteil vom maximal möglichen Ertrag

in Abhängigkeit der Ausrichtung, der PV-Anlage in Deutschland, Quelle: IfaS

Geografische und topografische Lage

Neben einer Südausrichtung der Gebäude spielt auch die topografische und geografische Lage eine wichtige Rolle. So können landschaftsbedingte und vegetative Verschattungen zu Einbußen bei der solaren Energieausbeute führen. Auch sollte drauf geachtet werden, dass durch benachbarte Gebäude verursachte Schattenwürfe miteinkalkuliert und möglichst vermieden werden sollten. Der Einfluss der Topografie wird im Abschnitt Neuplanung eines Quartiers näher erläutert.

Die geografische Lage hat einen entscheidenden Einfluss auf den möglichen Ertrag. So können im Norden Deutschlands Strahlungswerte von 951 kWh/m² bis 1020 kWh/m² und im Süden bis zu 1261 kWh/m² angenommen werden (Siehe Abbildung 3.4).[3]

Abbildung 1-4 Globaleinstrahlung in der Bundesrepublik Deutschland

, Quelle: (Deutscher Wetterdienst 2010)

Kennzahlen (Wording)

Die Auslegung einer PV-Anlage hängt von verschiedenen Faktoren ab. Der elektrische Energiebedarf (E), die zuvor erwähnte Dachausrichtung und -neigung, die solare Einstrahlung (HG), der Photovoltaikwirkungsgrad (ᶯ) und die Performance Ratio (PR) sind solche Faktoren. Die Performance Ratio ist ein Qualitätsindikator und gibt Aufschluss darüber, wie das Verhältnis Soll- und Ist-Ertrag ist und liegt bei aktuellen Anlagen und deren Komponenten bei ca. 85 %. Ergänzende Elemente wie Verschattung durch benachbarte Gebäude, Vegetation oder Topografie fließen ebenfalls in die Auslegung mit ein. Die anvisierte Verwendungsart der Anlage gibt weitere Rahmenbedingungen vor. Soll vor allem selbst umgewandelter Strom (Eigenstrom) genutzt und so eine hohe Autarkie, sprich Unabhängigkeit vom Stromnetz, erreicht oder möglichst viel elektrische Energie in das Stromnetz eingespeist werden?

Die benötigte Fläche und damit der Anlagenleistung richtet sich nach dem elektrischen Energiebedarf und der verwendeten Technologie. Generell gilt:

A:        Benötigte Dachfläche

E:        Elektrischer Energiebedarf

HG:      Solare Bestrahlung

ᶯ:         Photovoltaikwirkungsgrad

PR:      Performance Ratio

Beispielberechnung Photovoltaik (Mischgebäude, Gewerbe – Wohnen)

Es folgt ein Beispiel für die Auslegung einer PV-Anlage mit Berücksichtigung von verschiedenen PV-Modularten. Folgende Annahmen wurden getroffen:

Strombedarf:                                      279.000 kWh (Mischnutzung – Gewerbe & Wohnen)[5]

Performance Ratio:                            85 %[6]

Dachform:                                          Flachdach

Anlagenausrichtung:                          55° (Nord-Ost) – 235° (Süd-West)

Modulneigung:                                   15°

  • Korrekturfaktor:             0,85 (nur 85 % der Globaleinstrahlung ist nutzbar)[7]

Standort:                                            Flensburg (Globaleinstrahlung (2020) 1.120 kWh/m²a)[8]

Berlin (Globaleinstrahlung (2020) 1.180 kWh/m²)[9]

Kaiserslautern (Globalstrahlung (2020) 1.250 kWh/m²)[10]

Schongau (Globaleinstrahlung (2020) 1.320 kWh/m²)[11]

Kristallines Modul:                           170 – 200 W/m²[12]

Polykristallines Modul:          170 W/m²

Monokristallines Modul:       200 – 240 W/m²

Daraus ergibt sich die Rechnung für eine Anlage in Kaiserslautern:

(3.3)

und

(3.4)

Werden polykristalline Photovoltaik Module verwendet (170 W/m²), steigt die benötigte Fläche im obigen Beispiel auf 1.820 m² und sinkt bei Verwendung von qualitativ höherwertigen teureren monokristallinen PV-Modulen (200-240 W/m²) auf 1.550 bzw. 1.290 m².

Aber auch der Standort kann einen entscheidenden Einfluss auf den Ertrag bzw. die benötigte Dachfläche haben. So würde dieselbe Anlage bei Schongau (südlich von Landsberg am Lech), bei einer Globaleinstrahlung von 1.320 kWh/m² 28,56 m² (bei günstigen Polykristallinen PV-Modulen) benötigen.

Die folgende Tabelle zeigt einige Beispiele dafür welche Auswirkungen die lokal vorhandene Globalstrahlung sowie die Wahl der Modulqualität auf die mögliche Anlagenleistung haben.

Ort Global-Einstrahlung AnlagenleiLeistung Benötigte Dachfläche
Flensburg 1.120 kWh/m² 350 kWp 1.860 m² mit günstigen Modulen (170 W/m²)

2.030 m² mit mittleren Modulen (185 W/m²)

1.720 m² mit hochwertigen Modulen (200 W/m²)

1.440 m² mit den stärksten Modulen (240 W/m²)

Berlin 1.180 kWh/m² 330 kWp 1.770 m² mit günstigen Modulen (170 W/m²)

1.930 m² mit mittleren Modulen (185 W/m²)

1.640 m² mit hochwertigen Modulen (200 W/m²)

1.360 m² mit den stärksten Modulen (240 W/m²)

Kaiserslautern 1.250 kWh/m² 310 kWp 1.670 m² mit günstigen Modulen (170 W/m²)

1.817 m² mit mittleren Modulen (185 W/m²)

1.545 m² mit hochwertigen Modulen (200 W/m²)

1.287 m² mit den stärksten Modulen (240 W/m²)

Schongau 1.320 kWh/m² 290 kWp 1.581 m² mit günstigen Modulen (170 W/m²)

1.721 m² mit mittleren Modulen (185 W/m²)

1.463 m² mit hochwertigen Modulen (200 W/m²)

1.219 m² mit den stärksten Modulen (240 W/m²)

Tabelle 1-1 Globaleinstrahlung, benötigte Anlagengröße und Dachfläche Übersicht

Autarkiegrad und Eigenverbrauchsanteil

Unter dem Eigenverbrauchsanteil wird der Anteil des produzierten Solarstroms verstanden, der selbst vor Ort verbraucht wird. Der Autarkiegrad bemisst den Anteil am Gesamtstromverbrauch des Gebäudes, der durch die Photovoltaikanlage gedeckt wird.

In der Praxis können Autarkiegrade von 30 bis 40 % bei optimalen Anlagenkonstellationen erreicht werden.[13] Dadurch sinkt der Anteil an elektrischer Energie, welcher aus dem Stromnetz bezogen werden muss, auf 60 – 70 %. Bei einem Jahresstromverbrauch von z. B. 279.000 kWh (Mischgebäude Gewerbe – Wohnen, Standort Kaiserslautern) und einer Photovoltaikanlagenleistung i. H. v. 310 kWp, kann ein Eigenverbrauchsanteil von 37 % und ein Autarkiegrad von 40 % erreicht werden (Abbildung 3.5). Dies bedeutet, dass ca. 63 % der umgewandelten elektrischen Energie in das Stromnetz eingespeist, 37 % selbst genutzt und etwa 60 % (168.000 kWh) des Bedarfs über das Stromnetz gedeckt wird.

Abbildung 1-5 Beispielanlage ohne Speicher (Mischgebäude Gewerbe – Wohnen, Standort Kaiserslautern), Jahresstrombedarf i. H. v. 279.000 kWh, 310 kWp Anlagenleistung, Anlage in Ost-West-Ausrichtung (siehe oben). Quelle: IfaS

 

 

 

[1] Vgl. Quaschning 2015, S. 81–82.

[2] Vgl. Deutsches Kupferinstitut 2006, S. 9.

[3] Vgl. Deutscher Wetterdienst 2010.

[4] Vgl. Quaschning 2015, S. 259.

[5] Fischer o. J.

[6] Vgl. Wirth 2021, S. 83.

[7] Ausrichtung 55°, Neigung 15°: 80% / Ausrichtung 235°, Neigung 15°: 90 % / Insg. Somit 85 %

[8] Deutscher Wetterdienst 2021.

[9] Deutscher Wetterdienst 2021.

[10] Deutscher Wetterdienst 2021.

[11] Deutscher Wetterdienst 2021.

[12] Wirth 2019, S. 41.

[13] Vgl. Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin.

 

 

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